Die Mehrklassengesellschaft

Neoliberalität war noch nie das Problem von Deutschland. Doch wir sollten uns getrauen, daß Kind beim Namen zu nennen. Unsere Gesellschaft hat sich inzwischen, und daran sind GRÜNE und AfD nicht ganz unschuldig, in eine deutlich abgegrenzte Mehrklassengesellschaft aufgespalten. Dort, wo vor vielen Jahren noch eine geeinte, deutsche, Zivilgesellschaft vorhanden war, befindet sich nun eine in Auflösung begriffene, um jeden Fußbreit Boden kämpfende Mehrklassengesellschaft.

Unsere Gesellschafspyramide ist heutzutage in folgende Schichten (sprich Klassen) aufgeteilt. Dies mag dem Einen oder Anderem nicht gefallen, doch die Politik gab sich reichlich Mühe, die entsprechende Spaltung entsprechend voranzutreiben und auch zu kanalisieren. Wer heutzutage einer dieser Schichten angehört, wird massiv und aktiv daran gehindert, in die nächsthöhere Schicht aufzusteigen. Doch beginnen wir mit der Schichtpyramide, damit auch wirklich Jeder versteht, worum es geht.

Die absolut unterste Schicht unserer modernen Gesellschaft, der sogenannte Bodensatz. Warum sind Obdachlose obdachlos? Die Wenigsten deshalb, weil sie diesen Schritt selbst gewählt haben. Dies haben nur in etwa 1% der ungefähr 2 Mio Wohnungslosen, die durch Deutschlands Städte irren. Diese Bettler, oder Platte-Macher, wie sie sich auch selbst nennen, wollen nicht dort sein, wo sie heute sind. Die meisten haben sogar deshalb ernsthafte psychische Probleme. Man versagt ihnen den Zugang zur normalen Bürgerlichkeit, und dies nur, weil sie entweder alkohol- oder drogenabhängig sind. Obdachlose, die nichts trinken, findet man selten. Und wenn, dann meist tot. Die Wohnungsbefreiten, wie es einmal ein AfDler mir gegenüber ausdrückte, sollten froh sein, wenn man sie in der freien Natur sterben lassen würde. Ein Anrecht auf eine dann zumindest ehrenvolle Beerdigung stünde ihnen nach Ansicht eines deutschlandweit bekannten GRÜNEN-Politikers auch nicht zu. Große Massengräber wären hier angemessen. (Seine Worte, nicht meine.) Und ein SPD-Mann meinte einmal zu mir: „Die Obdachlosen konsumieren nichts, sondern leben und hadern nur. Sie kosten den Staat nur Geld, aber sie nutzen ihm nichts.“ Obdachlose haben nach der einfachen Kosten/Nutzen-Rechnung, der heutuzutage jeder Bürger unterliegt, absolut keinen staatlichen Wert. Obdachlose sind nicht nur einfach der Bodensatz, sie gelten einfach nur als wertloses Leben. Kein Wunder also, daß sich AWO und CARITAS hier sehr engagieren und genau Buch darüber führen, wer denn wann und wo in die Obdachlosigkeit abrutscht. Diese beiden scheinheiligen Hilfsorganisationen tun dies nicht, weil sie helfen wollen, sondern weil sie dem neoliberalen Gedankengut verpflichtet, Gewinne machen wollen. Am besten noch auf Kosten des Staates. Obdachlose sind noch nicht einmal wahlberechtigt. Wenn sie es wären, wäre der AfD längst aus sämtlichen Landtagen geflogen oder erst gar nicht hineingekommen.

Direkt nach den Obdachlosen rangiert in unserer Tabelle der Fressen & Gefressen werden-Tabelle die Künstler. Freischaffene Künstler sind in Europa nicht einmal so viel Wert wie ein entlaufenes Hausschwein. Selbst jenes besitzt einen höheren Wert als ein Kunstschaffender. Ein Künstlerleben ist nicht viel Wert, Kunst ist deutlich wertvoller. Vieles, was in Europa an Kunst verbreitet wird, bringt nur dem Zwischenhändler Gewinne, jedoch nicht dem Künstler. Künstler besitzen ungefähr so viel Wert wie Obdachlose. Meist sogar noch weniger. Dennoch werden sie in der Liste, die allein Deutschland betrifft, an zweitletzter Stelle aufgeführt. Dem Autor ist klar, daß dies von vielen erfolgreichen Künstlern anders gesehen wird, doch weise ich an dieser Stelle darauf hin, daß diese Künstler nicht ihren Traum leben, sondern gnadenlos von einer sie entrechtenden Industrie verheizt und vermarktet werden. Künstler besitzen in dieser modernen Gesellschaft keinerlei Wert. Weder für die Gemeinschaft, noch für die Zivilisation an sich. Denn die Gesellschaft hat einen Punkt erreicht, an dem maximaler Profit wichtiger geworden ist, als es Kunst jemals wieder werden könnte.

Das untere Bürgertum ist keine Erfindung der Nationalsozialisten, oder gar der alten DDR-Führung, sondern eine einmal existente Tatsache. Als unteres Bürgertum bezeichnet man heute das, was noch vor einhundert Jahren der hundsnormale Landarbeiter war. Also die arme Sau, die mit nicht mit eigenem Land und Grund gesegnet war, sondern nur auf jenem den Buckel krumm schuftete und keinerlei Rechte besaß, die ihm der Besitzer des Grundes nicht zugestand. Das untere Bürgertum sind also all jene Feldarbeiter und Mägde, die es in der alten Bauernkultur (bis 1918) in diesem Land noch als einfache Feldarbeiter gab. Diese Menschen, die der heimatlichen Scholle verpflichtet waren, waren blöderweise ab 1923 auch diejenigen, die den Nazis in die Regierungsgewalt halfen. Als ständige, dauerabgehängte, die man um ihre Rechte betrogen hatte, war bei ihnen aller Grund vorhanden, jeden als Urheber ihres persönlichen Unglücks zu sehen, den die Regierung ihnen präsentierte. Heutzutage gibt es diese Schollenbewohner immer noch. Ihr politischer Einfluß ist seit dem Ende der Nazi-Diktatur nur noch marginal feststellbar, aber er ist da. Das untere Bürgertum sind all die getretenen, die heute noch in landwirtschaftlichen Berufen tätig sind, und quasi gezwungen sind, Nahrung für Vegetarier anzubauen.

Die Arbeiterschaft steht noch über dem unteren Bürgertum. Warum es zwischen der Arbeiterschaft und den Obdachlosen eine Schicht unteres Bürgertum gibt? Diese Antwort fällt ebenfalls historisch aus. Der einfache Arbeiter wurde von der Industrie immer mit Goldstaub gepudert, solange, bis er wirklich glaubte, er sei etwas Besseres als der einfache, kleine Feldarbeiter. Die Arbeiterschaft rekrutiert sich jedoch nicht aus den Feldarbeitern, sondern nur aus Industriearbeitern. Mit dem kleinen, aber feinen, Unterschied, daß diese Industriearbeiter gegenüber der einfachen Landbevölkerung sowohl Privilegien (wie das Reiserecht oder die freie Ehepartnerwahl) besaßen und auch weidlich ausnutzten. Industriearbeiter standen schon immer in der gesellschaftlichen Pyramide über jenen, die für die Nahrung zuständig waren. Denn der Industriearbeiter schuftete schwerer, obwohl er Maschinen zur Verfügung hatte. Und die meisten noch nicht einmal begriffen, was sie da zusammenschraubten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ein Industriearbeiter in diesen modernen Zeiten hält sich nach wie vor für etwas Besseres als die einfachen Landwirtschaft betreibenden Mitbürger. Und das, obwohl er in den seltensten Fällen überhaupt einen Schulabschluß vorweisen kann.

Die Seele des deutschen Reiches. Die Seele des Deutschtümelns. Der deutsche Handwerker. Bis vor ein paar Jahren, als es noch den Meisterzwang in diesem Land gab, war das Wissen und das Beherrschen eines Handwerkes noch etwas Wert. Heutzutage jedoch ist Handwerk nichts mehr Wert. Früher einmal, als diese Republik noch als solche verstanden werden konnte, war ein Handwerksmeister nicht nur ein guter Schmuck für den Betrieb, sondern gleichzeitig auch ein Ausweis dafür, daß man dem Kleinbürgertum angehörte, und deshalb nicht nur politische, sondern auch gesellschaftliche Privilegien besaß. Echter Einzelhandel, wie er heute nicht mehr praktiziert wird (siehe die Großzahl an absterbenden Tante-Emma-Läden auf dem Dorf), war damals ein Rückgrat der Gemeinschaft, der Gesellschaft, des Sozialstaates. Doch ohne einen vernünftigen Einzelhandel, der diese Bezeichnung auch verdient, verlor auch das Handwerk an Bedeutung. Heutzutage muß ich bei einem polnischen Klempner anrufen, wenn ich eine verstopfte Wasserleitung habe, weil meilenweit kein einziger deutscher Installateur zur Verfügung steht. Selbst die großen deutschen Pannenbaustellen werden inzwischen von ausländischen Monteuren aufgebaut, anstatt von deutschen Maurermeistern. Ja, Maurer war früher ein Meisterberuf. Heute ist er das nicht mehr, und weder AWO noch CARITAS bilden bis zum Gesellenbrief aus, sondern vermitteln nur die Minimalstgrundlagen. Der einfacher Handwerker aka das Kleinbürgertum ist eine Lebensform, die in diesem Land allmählich zu der Ausgestorbenen gerechnet werden darf. Denn deutsche Handwerksmeister gibt es kaum noch, und die Wenigen, die es gibt, weigern sich auszubilden, weil der Bildungsstand bürgerlicher Kinder dermaßen fatal niedrig ist, daß man denen nicht mal zeigen kann, wie man richtig einen Hammer hält. (Aussage eines Zimmermannmeisters, der vor drei Monaten seine Werkstatt für immer schloß.)

Was Kleinindustrie ist, muß man erst einmal erklären, weil der aktuelle Bildungsstand in diesem Land deutlich schlechter ist als der in Marokko. Und selbst dort sind die Schulen nicht eben Spitzenklasse. Kleinindustrie ist die Industrie in einem Land, die ständig benötigte Verbrauchsgüter herstellt. Entweder Lizenzware (ungefähr 60%) oder Eigenentwicklung (40%). Unter diese Waren fallen unter anderem Schrauben, Nägel, Schraubenmuttern, Motoren und noch vieles mehr. Selbst die deutschen Werften kann man inzwischen als Kleinindustrie ansehen, da sie nur für einen bestimmten Kundenstamm und nicht für Jeden fertigen. Kleinindustrie bedeutet einen begrenzten Kundenstamm zu besitzen, diesen jedoch dauerhaft. Kleinindustrie bedeutet, zwar eine Unmenge von Arbeitsstellen anbieten zu können, jedoch bereits auf fachlich versiertes Personal zurückgreifen zu müssen. Das Großbürgertum, oder wie man früher sagte, die Großkopferten, sind nun genau jene Gruppe innerhalb der Klassenpyramide, die sich am abgehängtesten vorkommt. Zum Einen liegt das daran, daß diese Gruppe am meisten an Investitionen sparen mußte, um überhaupt noch im Geschäft zu bleiben, was belegt, daß die Kleinindustrie heute noch mit technologischen Methoden arbeitet, die bereits in den 70’er Jahren als archaisch galten. Deshalb wird hier auch Arbeitsschutz nicht sonderlich groß geschrieben, weil die Maschinen stellenweise so alt sind, daß man sie nicht entsprechend nachrüsten könnte. Aber dies sind Probleme der Kleinindustrie und des Großbürgertums und tun hier nichts zur Sache. Das Großbürgertum tritt mäzenhaft auf, aber ist dabei nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Wird eine andere Gruppe innerhalb der Klassenpyramide irgendwie bevorzugt, fühlt es sich sofort diskriminiert und ergreift entsprechende politische Maßnahmen. Eine davon war die Gründung der FDP nach dem Weltkrieg. Quasi als politische Lobbyvertretung. Das Großbürgertum ist auch die einzige Gruppe, die eine eigene politische Vertretung in der Politik stellt.

Bedarf es, um die Elite zu erklären, noch irgendwelcher Worte? Ich glaube nicht. Wer oder was sich in diesem Land Elite schimpft, ist definitiv keine. Egal, ob es die legendären Leistungserbringer sind, die man sowieso eher in den untersten drei Klassen dieser Pyramide verorten kann, als in deren Spitze. Was ist Elite? Elite sind Diejenigen, die sich selbst als die einzig wahren Staatslenker ansehen, und denen das Leben eines einfachen Bürgers vollkommen scheißegal ist. Daran hat sich auch in den vergangenen 170 Jahren absolut nichts geändert. Deshalb muß man an dieser Stelle nicht ausführen, wer oder was Elite ist.

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